Gegen Ende des 9. Jahrhunderts hatte sich die Familie des japanischen Kaisers so sehr vergrößert, dass der Hof nicht mehr in der Lage war, alle entfernten Verwandten angemessen zu versorgen. Daher beschloss man im Jahre 814, alle kaiserlichen Verwandten, die nicht dem engeren Familienkreis angehörten oder für Regierungsaufgaben benötigt wurden, außerhalb der Hauptstadt anzusiedeln, wo sie als Feudalherren über ansehnliche Ländereien ein neues Leben begannen. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden aus den einzelnen Familien mächtige Clans, die entweder nach ihrem Gründer, nach dem Gebiet, in dem sie wohnten, oder nach der kaiserlichen Familie, von der sie abstammten, verschiedene Namen trugen. Einen der größten Clans jener Zeit bildete die Familie der Minamoto (oder Genji), benannt nach ihrem Ahnherren Minamoto Tsunemoto, dem Sohn des kaiserlichen Prinzen.

Die Minamoto siedelten sich zunächst auf Ländereien um die Hauptstadt Kyoto an, die sie als Gouverneure verwalteten, und unterhielten - ebenso wie alle anderen Fürsten - eine eigene Armee. Im Laufe der Zeit entwickelten sie sich zu einem der berühmtesten Kriegerclans in der japanischen Geschichte, der aufgrund seiner kämpferischen Stärke immer wieder von verschiedenen Regenten um Hilfe gebeten wurde, um Rebellenhochburgen zu vernichten oder andere Krisenherde im Land zu befrieden. Jeder errungene Sieg ließ das Ansehen der Minamoto beim Kaiser steigen und vergrößerte die Macht der Clans, und bald gehörten sie zu den mächtigsten Familien des Landes. Die Entwicklung des ursprünglichen Aikijutsu, das die Grundlage der Nahkampfausbildung des Heeres in jener Zeit war, kann dem Minamoto-Clan zugeschrieben werden. Die Kampfkunst beruhte in den ersten zwei Jahrhunderten hauptsächlich auf verschiedene Methoden des Schlagens: Die Schläge und Stöße waren gegen Schwachstellen des Gegners gerichtet, insbesondere auf Öffnungen und Anschlussstücke der Rüstung. Das Zentrum des Systems war die Ausbildung an der Waffe, darüber hinaus war für jeden Offizier die Ausbildung in der Taktik der Kriegsführung Pflicht. Die Techniken dieser Kampfkunst waren in jener Zeit noch vollkommen zweckorientiert und einzig für die Anwendung auf dem Schlachtfeld entwickelt worden.

General Minamoto Yoshimitsu verfeinerte schließlich auch die waffenlosen Techniken für die Nahdistanz und näherte das System an das an, was wir heute als Aikijutsu kennen. Yoshimitsu hatte sich zusammen mit seinem Bruder Minamoto Yoshiie lange mit der Anatomie und Funktionsweise des menschlichen Körpers beschäftigt und im Ergebnis seiner Studien das alte Kampfkonzept weiter entwickelt. Angeblich soll er sogar Leichen seziert haben, um die genaue Lage der Knochen und Sehnen im menschlichen Körper zu ergründen. Viele der bis dahin verwendeten Schläge wurden von ihm durch Arm- und Gelenkhebel ersetzt und diese in den Nahkampf eingeführt. Auch ein neues Verteidigungssystem, das Abwehrtechniken gegen alle Arten von Waffen enthielt, geht auf ihn zurück.